ME/CFS - DocCheck Flexikon (2024)

Synonyme: chronisches Erschöpfungssyndrom, chronisches Fatigue-Syndrom, Myalgische Enzephalopathie, ME, CFS, CFS/ME, chronisches Müdigkeitssyndrom (obsolet)
Englisch: chronic fatigue syndrome, CFS

Inhaltsverzeichnis

  • 1 Definition
  • 2 Nomenklatur
  • 3 Ätiologie
  • 4 Epidemiologie
  • 5 Symptome
  • 6 Diagnostik
  • 7 Therapie
  • 8 Kontroverse
  • 9 Weblink
  • 10 Quellen

Definition

ME/CFS, kurz für "Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom", ist ein Krankheitsbild unklarer Ätiologie, dessen Leitsymptom eine "postexertional malaise“ (PEM) ist. Darunter versteht man eine mitunter schwere und teilweise langanhaltende Zustandsverschlechterung nach geringfügiger Alltagsaktivität.

  • ICD10-Code: G93.3

Nomenklatur

Die Nomenklatur ist uneinheitlich. Der ältere Terminus "Chronisches Erschöpfungssyndrom" (CFS) soll alleinstehend nicht mehr benutzt werden, ist aber bislang (2024) im klinischen Sprachgebrauch noch weit verbreitet. Er wurde um den Begriff "myalgische Enzephalomyelitis", kurz "ME", erweitert. Eine Schwäche des Begriffs "myalgische Enzephalomyelitis" ist jedoch, dass es für pathologische Veränderungen in Muskulatur und Gehirn keine sicheren Belege gibt.[1] "ME/CFS" bzw. "CFS/ME" stellen insofern Kompromissformeln dar, die aus dem Wunsch hervorgehen, der Erkrankung ein morphologisches Korrelat zu geben.

Als weiterer Begriff wird von einigen Autoren "systemic exertion intolerance disease" (SEID) vorgeschlagen, was als "Erkrankung mit systemischer Anstrengungsintoleranz" übersetzt werden kann.

Ätiologie

Eine spezifische, einzelne Ursache für ME/CFS konnte bis heute (2024) nicht gefunden werden. Bei rund 80% der ME/CFS-Patienten tritt die Erkrankung plötzlich auf. Häufig ist ein zeitlicher Zusammenhang der Erkrankung mit viralen, bakteriellen oder parasitären Infektionen nachzuweisen. In Zwillingsstudien konnten eine gewisse genetische Disposition für ME/CFS festgestellt werden.

Bis 2014 wurde der Erreger XMRV als ein möglicher Auslöser diskutiert, was jedoch nicht bestätigt werden konnte.

Die folgenden pathophysiologischen Veränderungen konnten bei ME/CFS-Patienten häufiger festgestellt werden, wobei ihre konkrete Bedeutung für das Krankheitsbild häufig unklar ist:

  • Sog. T2-Shift in der zellulären Immunität
  • Verminderte Zytotoxizität der NK-Zellen
  • Aktivierung proinflammatorischer Zytokine
  • Aktivierung der Mikroglia im ZNS
  • Dysregulation des antiviralen RNase-L-Signalwegs
  • Mitochondriale Dysfunktion, Störungen der Atmungskette, Defekte der mitochondrialen DNA
  • Verminderung der Alpha-Aktivität im EEG
  • Multiple autonome Dysfunktionen
  • Reduzierte Funktion der HPA-Achse, Erhöhte Spiegel des Neuropeptids Y, Hypocortisolismus, niedriges IGF-1

Zudem gibt es Überschneidungen zwischen ME/CFS und dem Long-Covid-Syndrom. Es wird diskutiert, ob ME/CFS – wenn es mit einer vorbestehenden SARS-CoV-2-Infektion assoziiert ist – als eine Unterform von Long Covid angesehen werden kann.[2]

Epidemiologie

Aufgrund der unterschiedlichen Definitionen und der oftmals unklaren Ausschlusskriterien variieren die Angaben zur Epidemiologie erheblich. Die Inzidenz wird in verschiedenen Studien zwischen 7 und 3.000 Fällen pro 100.000 Einwohner angegeben. Die Prävalenz liegt in verschiedenen Studien zwischen 0,1% und 2,54%. Etwa 70% der Erkrankten sind Frauen. Die Erkrankung kann auch Kinder und Jugendliche betreffen.

Symptome

Die Symptomatik des ME/CFS ist variabel. Es treten u.a. neurologische, immunologische, kognitive und endokrinologische Symptomcluster auf. Leitsymptom der ME/CFS ist die "postexertional malaise", d.h. die drastische Verschlechterung des Allgemeinzustandes mit Exazerbation nahezu aller typischen Symptome nach körperlicher Belastung. Diese Form der Fatigue verschlechtert sich typischerweise durch Ausdauertraining. Als ein mögliches Symptom treten dabei schwere Erschöpfungszustände auf. Paradoxerweise werden auch adrenerge Hyperstimulation und pathologische Wachheit zu den möglichen Symptomen gerechnet, obwohl diese dem Begriff "Fatigue" widersprechen.

Nach den kanadischen Konsensuskriterien (CCC) muss ein Patient folgende Symptome aufweisen:

  • Fatigue (obligat)
  • Post-exertional Fatigue oder Malaise (obligat)
  • Schlafstörungen, nicht-erholsamer Schlaf (obligat)
  • Schmerzen, insbesondere muskuloskelettale Schmerzen bzw. Myalgien (obligat)
  • Neurologische bzw. kognitive Dysfunktionen (2 oder mehr Symptome)

Zusätzlich muss ein Symptom in mindestens 2 der 3 folgenden Kategorien vorliegen:

  • Dysfunktion des autonomen Nervensystems
  • Neuroendokrine Dysfunktionen
  • Dysfunktion des Immunsystems

Die Verlaufsdauer sollte mindestens 6 Monate (Erwachsene) bzw. 3 Monate (Kinder/Jugendliche) betragen.

Das Krankheitsbild wird nach der Bell-Skala in 4 Schweregrade unterteilt. Grad III und IV führen oft zu Bettlägerigkeit. Die Patienten sind meist berufsunfähig, evtl. sogar an den Rollstuhl gebunden.

Diagnostik

Die Diagnose wird derzeit (2024) in der Regel rein klinisch nach den o.a. kanadischen Konsensuskriterien gestellt. Es gibt noch keine apparativen oder labormedizinischen Untersuchungsverfahren, mit denen sich ein ME/CFS mit ausreichender Sensitivität und Spezifität objektivieren ließe.

Untersuchungsmethoden, die im Rahmen der Diagnostik des ME/CFS zur Anwendung kommen, sind u.a.:

  • Handkraftmessung
  • Spiroergometrie
  • Kipptischuntersuchung
  • Stehtest

Therapie

Derzeit (2024) gibt es keinen kausalen Therapieansatz, sondern nur Maßnahmen, die auf die Linderung der Symptomatik ausgerichtet sind. Dazu gehören u.a.:

  • Pacing und Coping (als verhaltenstherapeutischer Therapieansatz)
  • Medikamentöse Therapie
    • zur Verbesserung des Nachtschlafes sowie zur Verminderung von Tagesmüdigkeit und Erschöpfungsgefühl
    • zur Beherrschung von orthostatischen und kardialen Symptomen
    • Schmerztherapie
    • Antidepressiva bei sekundärer Depression
    • Substitutionstherapie bei ggf. vorliegendem Hormonmangel
    • ggf. Arzneistoffe zur Beherrschung viraler, bakterieller oder parasitärer Infektionen

Die Behandlung mit "Graded Exercise Therapy" (GET) wird mittlerweile nicht mehr empfohlen und kann den Zustand von Patienten höherer Schweregrade sogar noch deutlich verschlechtern.In klinischer Prüfüng befindet sich die Substanz Rintatolimod, deren Wirkung jedoch umstritten ist.

Kontroverse

Da weder die Ursache des chronischen Erschöpfungssyndroms bekannt ist, noch verlässliche Diagnosekriterien vorliegen, wird von einigen Autoren die Existenz der Erkrankung als eigene Entität angezweifelt. ME/CFS wird oft als Verlegenheitsdiagnose gestellt, wenn keine andere Ursache für eine Erschöpfungssymptomatik gefunden werden kann.

Weblink

  • Long Covid und ME/CFS: Mehr als nur Kopfschmerz

Quellen

  1. Committee on the Diagnostic Criteria for Myalgic Encephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrome, Board on the Health of Select Populations, Institute of Medicine: Beyond Myalgic Encephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrome: Redefining an Illness. National Academies Press (US) 2015, PMID 25695122
  2. Yong et al.: Proposed subtypes of post-COVID-19 syndrome (or long-COVID) and their respective potential therapies Reviews in Medical Virology, 2021
ME/CFS - DocCheck Flexikon (2024)

References

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